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Des Erinnerns wert

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Marie Meinzolt (1889-1967) – Pionierin in der Fürsorgerinnen-Ausbildung in Bayern

Anfang Februar 2020 wurde in einem Festgottes­dienst an die Gründung des Zusammenschlusses der Evangelischen Frauen in Bayern (EFB) vor hundert Jahren erinnert. (s. def aktuell 2, 2020 S. 9)

Ein schöner Anlass, in den nächsten Beiträgen Des Erinnerns wert an einige Frauen aus jener Zeit, aber auch bereits vieler Jahre zuvor, hinzuweisen.

Die Arbeit des EFB stand natürlich auch im großen Zusammenhang der Vereinigung Evangelischer Frauen in Deutschland (EFiD), die sich im Jahr 1918 die Auf­gabe gestellt hatte, „den Willen aller evangelischer Frauen und ihre Stellungnahme zu brennenden Fragen des Lebens in Geschlossenheit zum Ausdruck zu bringen.“

Das gelang dann über viele Jahre mal gut, mal schwieriger. Im Jahr 1958 waren es dann schließlich „19 verschiedene Verbände mit festerer oder lockerer Struktur“ und darunter reihte sich „als bedeutsames Werk in Bayern der Bayerische Mütterdienst“ ein, wie es die Sozialreferentin des DEF, Dr. Ilse Haun, im Rück­blick auf die Bedeutung der kirchlichen Frauenver­bände schrieb.

Es war ein wichtiger Zusammenschluss entstanden, der zu befruchtendem Gedankenaustausch führte und in Krisenzeiten - wie jener des Nationalsozialismus mit seinem so antiquierten Mütterbild und seinem Allein­vertretungsanspruch - oftmals gemeinsam besser zu widerstehen vermochte. Hier muss im Blick behalten werden, dass die einzelnen Landeskirchen sehr unter­schiedliche Positionen zum NS-Staat einnahmen. Der bayerische Landesbischof Hans Meiser (1881-1956) war ein dezidierter Gegner des Nationalsozialismus, und somit befand sich die EFB in einer verhältnis­mäßig guten Situation, konnte auf Unterstützung und Hilfe rechnen und so beispielsweise etliche der Müttergenesungsheime in seinem Besitz halten.

Wer jedoch auf die wechselvolle Geschichte der 1927 in Nürnberg gegründeten Evangelischen-Sozialen Frauenschule schaut und sich mit dem Leben der Initiatorin derselben, der Diakonisse Marie Meinzolt beschäftigt, muss feststellen, dass es auch in der bayerischen Landeskirche noch kaum Verständnis für das zunehmende Anliegen von Frauen für eine gründ­liche Ausbildung und damit zu eigenständiger Lebens­gestaltung und Alterssicherung durch qualifizierte Tätigkeit gab. Erst fünf Jahre nach der Gründung erhielt die Schule die Anerkennung der Landeskirche, die damit der staatlichen, die umgehend erfolgt war, erheblich, man möchte sagen beschämend lange, hinterherhinkte.

An der Schule unterrichtete neben zahlreichen ehren­amtlich tätigen Fachleuten als einzige hauptamtliche Lehrkraft bis 1933 Dr. Antonie Nopitsch (1901-1975), die spätere Mitbegründerin und Geschäftsführerin des Bayerischen Mütterdienstes. Doch die finanzielle Lage der Schule ließ eine Weiterbeschäftigung nicht zu, sodass sie entlassen werden musste und zunächst arbeitslos war. 1939 schloss dann der nationalsozia­listische Staat, der inzwischen eigene Ausbildungs­stätten gegründet hatte, die Einrichtung, die zwischenzeitlich in verkleinerter Form nach Neuen­dettelsau verlegt worden war - ebenso wie er das an etlichen anderen Orten getan hat.

Eine schwierige Situation für die Gründerin, die inzwischen 50 Jahre alt war. Doch die Diakonischen Anstalten betrauten sie mit einer anderen Aufgabe, wenngleich das nur eine unbefriedigende Notlösung für eine so ideenreiche und kreative Persönlichkeit war, so war doch ihre Existenz gesichert.

Nach dem Kriegsende kam man dann erneut auf sie zu und bot ihr an, ihre ursprüngliche Arbeit wieder aufzubauen, diesmal aber in einer neuen Form. Es war beabsichtigt, die Ausbildung aufzuteilen in zwei Bereiche. Einmal jene der kirchlichen Gemeinde­helferin und einer allgemeinen für die Bereiche der öffentlichen Wohlfahrtspflege. Das war jedoch keines­wegs im Sinn von Marie Meinzolt, die ein christliches Fundament für diese meist schwierigen Arbeitsfelder für richtig hielt. Ferner würden bei einer Zweiteilung die zukünftigen beruflichen Einsatzmöglichkeiten, die zuvor durch ihre Vielfalt geschätzt und beliebt waren, für die Schülerinnen verloren gehen. Nach schwierigen Verhandlungen gelang es, die beiden Richtungen in einer Institution zu belassen. Das führte, wie Marie Meinzolt in der Rückschau formulierte, zur gegenseitigen Bereiche­rung. „Die soziale Schule konnte für die nötige Weite, die katechetische für den nötigen Tiefgang sorgen.“

Ein drittes Standbein wurde der Ausbildung später hinzugefügt, das speziell auf die Ausbildung von Heimerzieherinnen ausgerichtet war.

Es folgten noch manche Umstrukturierungen in den nächsten Jahren, da die Ausbildung immer den ver­änderten beruflichen Anforderungen und der zuneh­menden Spezialisierung in der Arbeitswelt angepasst werden musste.

Festzuhalten ist, dass die Anfänge bei dem Einsatz und unermüdlichen Engagement von Marie Meinzolt liegen und in der Evangelischen Fachhochschule in Nürnberg mit den Schwerpunkten Sozialpädagogik, Religionspädagogik und Pflegemanagement fortge­setzt werden. Aus der Tradition der Gründerin steht die Ausbildung auf christlichem Grund und versucht weiterhin Kenntnisse zur Linderung von Not ver­schiedenster Art zu vermitteln. 

Maria Meinzolt wusste um die seelischen Belastungen, die sowohl der Beruf der Fürsorgerin als auch der der Katechetin bringen konnten, und vermittelte in ihren Schulungskursen und ihren Vorträgen das, was ihr persönlich die Kraft gegeben hatte, nämlich das Bibel­wort (2. Kor. 12, 9):

Lass dir an meiner Gnade genügen, denn meine Kraft ist in dem Schwachen mächtig.

In vielen Publikationen hat sich Marie Meinzolt zu Fragen der Zeit geäußert, wobei sie immer eindrück­lich auf ihr evangelisch-lutherisches Fundament hin­wies. In problematischen Situationen pflegte sie den Rat zu geben: „Wenn ich in Gottes Namen fahren will, dann muß ich ihm das Steuer überlassen.“  Sie selbst hat manche Schwierigkeit damit gemeistert.

Halgard Kuhn

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