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Élysée-Vertrag: Ein historisches Datum der deutsch-französischen Freundschaft

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Heute vor 61 Jahren, am 22. Januar 1963 unterzeichneten Konrad Adenauer und Charles de Gaulle in Paris im Élysée-Palast den Deutsch-Französischen Freundschaftsvertrag, nach dem Ort der Unterzeichnung auch Élysée -Vertrag genannt.

Adenauer und de Gaulle war bewusst, dass nur dann Frieden in Europa einkehren würde, wenn Deutschland und Frankreich ihre Feindschaft überwinden würden, und wenn aus den Erbfeinden Freunde werden würden.  Verständigung leistete und leistet noch heute die Kriegsgräberfürsorge, die für die Instandhaltung der Soldatenfriedhöfe europaweit Sorge trägt. So arbeiten Jugendliche aus den verschiedensten europäischen Ländern gemeinsam auf den Friedhöfen und sehen mit Entsetzen, dass diese jungen Soldaten kaum älter als sie selber waren als sie in einem sinnlosen Krieg starben. Auch diese seelische Erschütterung kann zu mehr Verständnis füreinander führen.

Schon im Juli 1962 trafen sich Charles de Gaulle und Konrad Adenauer in der Kathedrale in Reims zu einer gemeinsamen Messe. Beide Staatslenker waren gläubige Katholiken, die gemeinsam die Messe besuchten. Eingedenk dieser Messe ließ de Gaulle eine Marmorbodenplatte vor der Kathedrale anbringen mit der Inschrift „sceller la reconcillation“. Im Jahr 2012 wurde eine zweite Platte enthüllt, die die deutsche Übersetzung beinhaltet: „Die Versöhnung besiegeln“.

Bevor der Vertrag unterschrieben wurde, gab es schon Verhandlungen auf der Ebene der Zivilgesellschaft. Verschiedene Gruppierungen hatten sich schon um Völkerverständigung über die Grenzen hinweg bemüht. Auf wirtschaftlicher Seite gab es bereits die Montanunion, die neben Frankreich auch Italien und die Benelux Staaten umfasste. Aber natürlich war es wichtig, dass die beiden größten Länder im Westen Europas zu einer freundschaftlichen Zusammenarbeit sowohl auf politischer Ebene als auch im zivilgesellschaftlichen Bereich zusammenfanden. Regelmäßige Konsultationen auf Regierungsebene wurden verabredet, daneben sollte die Zusammenarbeit in der Außen-, Europa- und Verteidigungspolitik weiter vertieft werden.

Zur Völkerverständigung gehört aber auch, dass die Menschen sich besser kennenlernen. Daher wurde im Juni 1963 das deutsch-französische Jugendwerk gegründet. Inzwischen gibt es 180 akademische Austauschprogramme, siehe auch Erasmus Programme, erweitert durch Erasmus+ für den Seniorenaustausch auf europäischer Ebene, Lehrlinge und Gesellen im Handwerk tauschen sich über die Grenzen hinweg aus.

Es gibt den deutsch-französischen Fernsehsender Arte, und es gibt 2200 Städtepartnerschaften, die mit ihren regelmäßigen Besuchen Freundschaften über die Generationen ermöglichen. Daraus sind dann auch binationale Partnerschaften und Ehen geworden, mit Kindern, die mit einer Muttersprache und einem Vaterland aufwachsen und für die es ganz selbstverständlich ist, sich hier wie dort zuhause zu fühlen.

Nationale Grenzen spielen keine Rolle mehr, aber dennoch gibt es Schwierigkeiten bei der Zusammenarbeit, sowohl im politischen Raum als auch im wirtschaftlichen Bereich. Hier sind die Kulturen teils sehr unterschiedlich und es kommt auf die Personen an. Auch die Sprache spielt eine wichtige Rolle, denn immer weniger Franzosen lernen Deutsch und umgekehrt spielt auch in Deutschland Französisch nur eine untergeordnete Rolle. Englisch ist die Sprache der Wirtschaft, der Digitalisierung, und dem wird auch im Schulunterricht Rechnung getragen. Und natürlich gibt es nicht „den Franzosen“ oder „den Deutschen“. Ein Bretone unterscheidet sich von einem Südfranzosen mindestens so stark, wie der Nordfriese vom Bayern. Das ist auch gut so. Die regionalen Eigenheiten dürfen nicht aufgegeben werden, es sei denn, sie sind mit den demokratischen Errungenschaften nicht vereinbar.

Irgendwie fußen auch wir auf den Parolen der französischen Revolution von 1789 „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“, die wir heute lieber „Geschwisterlichkeit“ nennen würden.

Schon damals überwanden diese Schlagworte die Grenzen und fanden in ganz Europa Anhänger. Umso eindeutiger ist es in unserer globalisierten Welt, dass die Nationalstaaten die Umwelt und Klimaprobleme nicht alleine lösen können. Wir brauchen die europäische Zusammenarbeit und da ist der deutsch-französische Motor, wenn er gut läuft, mit umweltfreundlichen Kraftsoffen, ein wichtiges Signal, dass Frieden und Verständigung auch

Wir müssen immer wieder um diese Verständigung ringen und uns Mühe geben, den anderen zu verstehen und in seiner Eigenart zu akzeptieren. Genauso wie wir es auch wollen, dass man uns respektiert. Die Deutsch-Französische Freundschaft ist eine so wichtige Errungenschaft für den Frieden in Europa, das wir alles unterlassen müssen, was diese beschädigt. Es müssten noch mehr solche Verträge mit unseren europäischen Nachbarn geschlossen werden. Ein zweiter Schritt wurde mit dem Deutsch-Polnischen Vertrag getan. Auch hier gibt es gerade im Grenzgebiet gute Zusammenarbeit, z.B. durch die grenzüberschreitende Universität in Frankfurt/Oder und Beschäftigungsverhältnisse auf beiden Seiten.

Verträge müssen mit Leben gefüllt werden und weiterentwickelt werden, aber auch von den Bürgerinnen und Bürgern der Staaten unterstützt und eingefordert werden. Umso wichtiger ist es, dass der Vertrag nicht etwas Statisches ist, sondern weiterentwickelt wird. Das muss einmal durch die Politik geschehen, aber auch durch die Zivilgesellschaft. 1993 unterzeichneten Helmut Kohl und François Mitterand ein erstes Zusatzprotokoll, dass die Einrichtung eines Wirtschafts- eines Umwelt- und Kulturrates und eine engere Zusammenarbeit in der Verteidigungspolitik beinhaltete. Daraus entwickelte sich im Verteidigungsbereich das Eurokorps.

Merkel und Macron schlossen dann 2019 in Aachen einen Vertrag, der eine enge Kooperation durch ein deutsch-französisches Zukunftswerk vorsieht. Dieses Zukunftswerk muss mit Leben gefüllt werden, Zukunft ist nicht nur der technologische Fortschritt, auch die Zukunft der Landwirtschaft, Kunst, Kultur und Bildung gehören dazu, wenn wir eine lebenswerte Welt erhalten wollen.

In diesem Jahr stehen wieder die Wahlen zum Europäischen Parlament an. Wir erleben überall das Erstarken der nationalen Kräfte, die die Entwicklung zurückdrehen möchten und das Heil im Nationalstaat sehen.

Wenn wir uns die Parteiprogramme dieser Parteien ansehen, so geht dies immer mit einem Verlust an Demokratie zusammen, siehe Ungarn und Polen. Wobei sich Polen mühsam wieder auf den Boden der Demokratie zurückkämpfen muss.

Es wäre ein Schreckensszenario, wenn im Europäischen Parlament eine Mehrheit der Abgeordneten für die Abschaffung der EU stimmen würde. Lassen wir es bitte nicht soweit kommen.

Inge Gehlert
Verwaltungsratsvorsitzende DEF-Landesverband Bayern

 

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