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Gleichstellungspolitik während und nach Corona

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Für 2020 hatte die Bundesfamilienministerin das Jahr der Gleichstellung ausgerufen. Leider hat Corona dem einen Strich durch die Rechnung gemacht und von Gleichstellung war zunächst wenig zu hören. Bis hin, dass die Familienministerin nicht Mitglied im Krisen­kabinett war. Auch die Expertenrunden waren vor allem männlich besetzt.

Dazu kam weiter, dass durch den allgemeinen Lock­down die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wieder auf die private Ebene verschoben wurde. Kinderbe­treuung wurde so vor allem zur Aufgabe von Müttern, da sie den geringeren Verdienst haben und in Teilzeit vielleicht auch leichter sich freistellen oder beurlau­ben lassen können. Jobs mit 450 Euro fielen häufig ganz weg, was für viele Familien eine große Härte bedeu­tete oder noch bedeutet. 

Inzwischen läuft die Kinderbetreuung wieder einiger­maßen, aber wir haben in Gütersloh gesehen, bei Problemen werden ganz schnell die Schulen und Kindertagesstätten wieder geschlossen. Eine Hilfe für Eltern, die arbeiten müssen und wollen, ist nicht vorgesehen. Es sei denn, man hat einen system­relevanten Beruf. Dann gibt es eine Notbetreuung. Aber was tun Alleinerziehende? Sie werden allein gelassen. 

Im Juli hat die Regierungskoalition ein Strategiepapier auf den Weg gebracht, damit die reale Gleichstellung von Männern und Frauen Wirklichkeit werden kann. Sie ist im Internet nachzulesen unter www.gleichstellungsstrategie.de

Die tatsächliche Gleichberechtigung ist eine Kernfrage für die Demokratie. Sie ist ein Verfassungsauftrag seit 1949 und soll Querschnitttsthema in allen Ressorts werden. Bei allen Entscheidungen soll geprüft werden, wie sich die Regelungen und Gesetze auf die Gleichberechtigung auswirken.   

Dazu gehört auch, dass mehr Frauen in Führungs­positionen kommen sollen, gleicher Lohn für gleiche Arbeit gezahlt wird, bessere Eingruppierung der sozi­alen Berufe in Tarifgruppen geschieht, das Gender­budgeting beachtet wird, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für beide Elternteile möglich ist, und der öffentliche Dienst soll Vorreiter werden. Denn auch hier gibt es noch zu wenig Frauen in Füh­rungspositionen. 

Um diese Pläne umsetzen zu können, ist die Ein­richtung einer Beratungsstelle zu Gendermainstrea­ming beim Familienministerium vereinbart. Besser wäre eine unabhängige Stiftung, wie sie der Deutsche Frauenrat fordert. Nur ein Institut, das unabhängig arbeiten und forschen kann, ist geeig­net, die Gleichstellung voranzutreiben. Ein Blick über unsere Grenzen ins europäische Ausland kann dabei helfen, denn andere Länder haben solche Einrichtun­gen bereits. Der Deutsche Frauenrat und seine Mit­gliedsorganisationen, wozu auch der DEF über die Evangelischen Frauen in Deutschland gehört, werden den Prozess der Umsetzung begleiten und seine Kritik und Vorschläge in das laufende Gesetzgebungs­verfahren einbringen. Es wird höchste Zeit, dass nach über 70 Jahren Geltung des Grundgesetzes die wei­teren Schritte zur Gleichstellung von Frauen und Männern endlich in Angriff genommen werden. Corona hat gezeigt, wie verletzlich die Errungen­schaften mit partnerschaftlicher Aufteilung von Familie und Beruf sind. Da sind bessere Rahmenbe­dingungen, notwendig, damit so etwas nicht wieder passiert. 

Leider ist die Forderung von Parité in den Parlamen­ten nicht aufgenommen worden. Einige Bundes­länder sind da schon weiter, wie zum Beispiel Brandenburg. Auch in der CDU gibt es Überlegungen eine Frauenquote einzuführen, damit die Gleichbe­rechtigung in der Partei Wirklichkeit werden kann. Aber dazu muss sich noch viel in den Parteistrukturen und in den Köpfen ändern, um den Frauen auch Mut zu machen, sich auf die Posten zu bewerben.

Inge Gehlert,
Vorsitzende Landesverband Bayern
und Mitglied im Bundesvorstand

 

 

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