Skip to main content

SPRUCH des Monats Juni

|   Besinnung

Gott gebe dir vom Tau des Himmels und vom Fett der Erde und Korn und Wein die Fülle.

Gen. 27,28 (L)

 

Dieser Segensspruch für den Mitsommermonat ist großartig. Er ist ein Segen mit Zukunft und für die Zukunft. Mit der Magie der Worte zaubert er bereits den Wohlstand in unsere Vorstellungswelt und verweist damit auf Erntedank. Im Juni, im ersten Sommermonat, wird die Fülle der Natur sichtbar, davon malt dieser Segenszuspruch ein Bild: In der Morgensonne der Tau, der Weizen im hellen Grün, die Blumen und Blüten, Schmetterlinge, Spargel, Erdbeeren. Der Monat ist ein Fest der Fruchtbarkeit, des Wachstums und des Aufbruchs alles Lebendigen, er bringt uns Menschen mit dem längsten Tag große Wachheit und die Feier der Sommersonnenwende.

So jahreszeitlich verknüpft war mein erster Zugang und das hatte mein Herz für diesen Spruch eingenommen.

Ein kluger Ratschlag ist jedoch, ein Zitat nicht ohne Kontext zu betrachten. So habe ich die Bibelstelle gesucht und bin erschrocken. Dieser Segensspruch steht in der Bibel in der Mitte einer Geschichte über Brüderzoff. Es ist eine spannende Erzählung aus der Stammesgeschichte des Volkes Israel. Wir treffen auf Isaak und Rebekka. Da kommen Zwillinge auf die Welt, Esau und Jakob, und sie könnten unterschiedlicher nicht sein. Esau, der Erstgeborene ist draußen unterwegs, auf den Feldern und bei der Jagd. Um seinen Hunger zu stillen, lässt er sich sein Erstgeburtsrecht für ein Linsengericht abhandeln. Da ist als Gegenentwurf Jakob, der sich bei den Zelten aufhält und eine enge Verbindung mit seiner Mutter Rebekka pflegt. Und dann heiratet Esau auch noch die falsche(n) Frauen. Solche Brüdergeschichten kommen uns ja nicht ganz fremd vor, wahrscheinlich hat die Presse im vergangenen Monat auf einen ähnlichen Brüderzoff im englischen Könighaus wieder ihre Aufmerksamkeit gerichtet. Dabei ist sich die öffentliche Meinung sicher, der eine hat die falsche Frau geheiratet.

Aber zurück zur Erzählung, in der Isaak, alt geworden, nun sein Haus bestellen will. Dazu soll es ein Mahl geben, an dessen Ende der Segen weitergegeben werden soll. Er bittet seinen erstgeborenen Sohn Esau um dieses Mahl. Doch Rebekka hört von dieser Bitte und ermutigt Jakob, ihren Lieblingssohn, dem zuvorzukommen. So arrangieren die beiden ein Mahl und eine Kostümierung, die Isaak täuschen kann. Und die beiden sind schneller und bringen Isaak das Gericht. Und obgleich Isaak die Stimme irritiert, können ihn Jakobs falsche Beteuerung, die mit Fell kaschierten Hände und Hals sowie der Geruch des Kleides von Esau überlisten. Isaak segnet Jakob mit dem Segenszuspruch „Gott gebe dir vom Tau des Himmels und vom Fett der Erde und Korn und Wein die Fülle“ hat. Isaak ist der, der mit diesem Segen Jakob und die Zukunft seines Stammes unter Gottes Wohlwollen stellt und auch weitreichende Herrschaftszusagen macht. Dieses Zusagen von Lebensglück ist der erste Höhepunkt der Geschichte.

Esau kommt zu spät. Für ihn ist kein Segen mehr verfügbar, der Clansegen ist bereits weitergegeben. Was für eine bittere Geschichte. Bei Esau herrschen Enttäuschung, Tränen und Wut. Esau drängt auf einen väterlichen Segen. Dieser Segen kann ihm all dies nicht versprechen, was Jakob zugesprochen wurde. Aber, er sagt ihm einen letztendlich versöhnlichen Ausgang in der Beziehung zu seinem Zwillingsbruder zu.

Rebekka und Isaak drängen darauf, dass Jakob weggeht, zu seinem Onkel. Sie setzen auf die mütterliche Verwandtschaft und dass Jakob dort eine Familie gründet und auf Zeit. Und es wird viel, viel Zeit brauchen, bis dieser Brüderzoff einen friedlichen Ausgang nehmen kann. Aber es werden getrennte Wege bleiben, wie es bereits getrennte Lebensweisen waren.

In einem aber sind sich die Brüder einig, ihnen sind die Worte wichtig, die ihnen zugesagt werden. Sie glauben an und vertrauen auf die geheimnisvolle Macht des Wortes.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen für diesen Sommermonat mit den Worten der Bibel in gerechter Sprache: So gebe Dir denn Gott vom Tau des Himmels und vom Reichtum der Erde und Korn und Most in Fülle.

Johanna Beyer,
Stellvertretende Vorsitzende Verwaltungsrat
Landesverband Bayern, München

Zurück
Quelle: Annette Meyer / pixabay.com