Des Erinnerns wert
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Meta Eyl (1893-1952) – Bundesvorsitzende von 1934 bis 1947
Vor sieben Jahrzehnten starb Meta Eyl in ihrer Geburtsstadt Hannover, in der sie über viele Jahre gewirkt hatte. Sie war die erste promovierte Theologin in der hannoverschen Landeskirche. Ihre Freundin Grete Gillet setzte über ihr Leben das Wort aus einem Sonett von Reinhold Schneider: „Gib uns ein kühnes Herz, denn siehe Herr, wir sind geworfen zwischen zwei Welten.“ Dazu schrieb sie: „Meta Eyl gehörte der Generation an, die zwischen zwei Weltzeiten geworfen klar und tapfer ihren Weg ging, kühn und demütig zugleich.“
Damit schlug die Freundin einen großen Bogen zu jenen Worten, die Meta Eyl selbst bei der Übernahme des ihr angebotenen Amtes der Bundesvorsitzenden des DEFB (seit 1969 DEF) an ihre langjährige Vorgängerin Paula Mueller geschrieben hatte: „Vor mir steht ein Werk, das durch Tradition geformt, durch die Stürme der Gegenwart gefährdet, nun junges Leben erhalten soll. Ich bringe einen leidenschaftlichen Willen mit, dieses schwere Werk zu erfüllen.“
Meta Eyl kannte die Arbeit des DEF seit vielen Jahren, war sie doch seit 1927 im Christlich-Sozialen Frauenseminar als theologische Lehrkraft tätig, hatte ferner durch ihre Vortragsreisen etliche Kontakte zu den Ortsgruppen – heute Ortsverbände – knüpfen können. Was sie mit Stürmen der Gegenwart meinte, waren wohl die Erfahrungen als junge Vikarin in einer von den Deutschen Christen in der hannoverschen Gemeinde erlebte Politisierung der kirchlichen Arbeit. Der leidenschaftliche Wille bezog sich mit Sicherheit auch auf die Schwierigkeiten als Frau in einer männerdominierten Fakultät und der Kirche.
Somit trat Meta Eyl in ausnehmend schwieriger Zeit an die Spitze des Verbandes, den sie mit viel Einsatz und großem Geschick durch diese Jahre führte. Ihr und ihren Mitarbeiterinnen ist es zu verdanken, dass der Verband die Zeit des Nationalsozialismus überlebte und nicht in das Frauenwerk des NS-Staates eingegliedert wurde.
Verbandsintern wurde sie an ihrer Vorgängerin Paula Mueller gemessen, die nach jahrelanger Doppelbelastung als Vorsitzende und Reichstagsabgeordnete aus gesundheitlichen Gründen den Vorsitz in jüngere Hände legte, sich aber keineswegs aus der Verbandsarbeit zurückzuziehen beabsichtigte. So setzte es Meta Eyl beispielsweise erst nach massivem Druck durch, dass Paula Mueller ihr die Position als Herausgeberin der Verbandszeitung überließ. Ferner zeichnete sich bereits eine deutliche Politisierung des gesamten Alltagslebens durch die Nationalsozialisten mit ihrem Totalitätsanspruch ab.
Die heraufziehenden Gefahren waren beiden Frauen bewusst und schon auf einer Tagung Mitte 1933, also nur wenige Monate nach der Machtergreifung, äußerte Paula Mueller: „Wir können nur darum beten, dass uns eine feststehende mutige Kirche des evangelischen Bekenntnisses bleibt. Wir haben uns immer treu zur Kirche bekannt, trotz gelegentlichen Mißverstehens und mangelnder Unterstützung. Die ausdrückliche kirchliche Anerkennung des Deutsch-Evangelischen Frauenbundes als kirchlicher Verband ist jetzt erfolgt. Sie aber verpflichtet uns.“ Hintergrund zu dieser Äußerung ist folgender: Inzwischen war der Druck der NSDAP auf die freien Verbände immer größer geworden, sich dem Nationalsozialistischen Frauenwerk anzuschließen oder sich aufzulösen. Daher hatte die 1918 vom DEF initiierte 'Vereinigung Evangelischer Frauenverbände' gemeinsam mit dem DEF darum gebeten, sich unter den Schutz der Kirche stellen zu dürfen. Dieser Bitte war entsprochen worden. Damit hatte die Kirche den DEF – trotz seiner nach wie vor bestehenden Eigenständigkeit – als kirchlichen Verband anerkannt. Der neue Zusammenschluss nannte sich nun 'Evangelische Frauenarbeit für Kirche und Gemeinde'. Nicht alle Ortsgruppen waren mit dieser Entscheidung einverstanden und sahen in dem Rückzug aus dem gesellschaftlichen Raum eine Amputation für die immer auch dort angesiedelte Verbandsarbeit. Der Vorstand begründete seinen Schritt mit dem Hinweis darauf, dass der DEF es seit seiner Gründung abgelehnt hatte, im „Dienst einer Partei“ zu stehen. Einige Ortsgruppen schlossen sich daraufhin dem NS-Frauenwerk an, andere lösten sich auf. Die 'Evangelische Frauenarbeit für Kirche und Gemeinde' schloss sich dann der 1934 von Pastor Friedrich v. Bodelschwingh in Bethel gegründeten 'Arbeitsgemeinschaft missionarischer und diakonischer Verbände und Werke der Evangelischen Kirche' an, die der Bekennenden Kirche nahestand und sich von den Deutschen Christen lossagte.
Wenn wir heute auf diese Zeit schauen, übersehen wir leicht, dass die von den Nationalsozialisten propagierte Rolle der Mutterschaft im Leben einer Frau durchaus den Vorstellungen von vielen Frauen und Männern in christlichen Kreisen entsprach. Sie hielten nach wie vor die Frauenbewegung für schädlich und plädierten für die Auflösung des DEF oder die Integration in die Frauenhilfe. Man warf dem DEF vor, dass er als Verband der Inneren Mission nicht eigentlich kirchlich sei, da er zu den Fragen der Welt Stellung nehme.
Wie negativ die Frauenbewegung in kirchlichen Kreisen gesehen wurde, wird auch in einem 1937 erschienenen Buch 'Wir rufen Deutschland zu Gott' von Otto Dibelius und Martin Niemöller deutlich. Es richtete sich gegen die „kirchenschädigende und bekenntniswidrige“ Organisation der Deutschen Christen, von der es heißt, sie sei auf dem Irrweg. Um diesen Irrweg den Leserinnen und Lesern deutlich zu machen, zeigen die Autoren das am Irrweg der Frauenbewegung, über die sie in unglaublicher Weise herfallen und die deutsche Mutter als von Gott gewollt hervorheben. Meta Eyl schrieb damals einen langen Brief und stellte zum einen dar, dass die Frauenbewegung ganz andere als die von den Autoren behaupteten Ziele habe und ferner eine solche Mutterrolle den rassistischen Ideen der Nationalsozialisten näherstünden als einer biblischen Sicht auf die Frau. Eine Antwort erhielt sie nie.
Der DEF hat sich in seinen Publikationen auch nach dem Krieg, als beide Herren in hohen Kirchenämtern standen, nicht zu deren verqueren Äußerungen von 1937 geäußert. Nur einmal in einem Festvortrag in Kassel aus Anlass des 90-jährigen Bestehens des DEF zitierte die Geschäftsführerin Gertrud Kappeller ziemlich ausführlich aus dem Buch und dem Brief Meta Eyls. Auch andere Frauen der Frauenbewegung schrieben den Autoren damals Briefe, nahmen aber Rücksicht auf die angespannte Situation innerhalb der Kirche und gingen nicht an die Öffentlichkeit. Inzwischen ist dieser Fall für Berlin kritisch aufgearbeitet von Manfred Galius und Clemens Vollnhals in dem Buch „Mit Herz und Verstand“.
Ein anderes, schwieriges Problem für Meta Eyl waren die immer wieder aufkeimenden Angriffe gegen den DEF aus kirchlichen Kreisen, wo man wenig Verständnis für die Eigenart des DEF zeigte. Hier wehrte sich die Theologin immer wieder, fand aber wenig Verständnis. Besonders deutlich trat die Diskrepanz zu Tage, als Meta Eyl nach dem Ausscheiden der Ersten Vorsitzenden der Frauenhilfe als ihre Stellvertreterin in vorderster Front stand und dem männlichen Geschäftsführer der Evangelischen Frauenhilfe die frauenspezifischen Argumente kaum zu vermitteln waren. Das hat Meta Eyl viel Zeit und viel Kraft gekostet neben all den anderen Aufgaben im Verband und als Verantwortliche für das Christlich-Soziale Frauenseminar in Hannover.
Da dem Verband die praktischen Tätigkeiten untersagt waren, legte er unter Meta Eyls Anleitung seinen Schwerpunkt auf biblische Themen und Glaubensfragen. Wobei es der Wunsch von ihr war, auch kirchenferne Frauen einzubeziehen. Dank ihres und ihrer Mitarbeiterinnen in der Geschäftsstelle engagierten Einsatzes konnte der DEF 'überwintern', seine Eigenständigkeit bewahren und unmittelbar nach Ende des Weltkriegs seine Arbeit wieder aufnehmen.
Meta Eyl selbst legte das Amt der Vorsitzenden im Juli 1947 nieder. Sie hatte nach 13 Jahren physisch und psychisch extremer Arbeitsbelastung den Wunsch nach einem ruhigeren Leben und übernahm eine Aufgabe in der Krankenhausseelsorge, die ihr immer sehr am Herzen gelegen hatte.
Halgard Kuhn
