Vorsicht, dieses Kleid könnte giftig sein
- Aktuelles Hauswirtschaft
Gedanken von Hannelore Täufer auf Grundlage eines Artikels der Zeitschrift Zeit vom 7. November 2024
Bestimmt erinnern Sie sich, dass die Arbeitsgemeinschaft Evangelischer Haushaltsführungskräfte (AEH) im letzten Jahr ihren Schwerpunkt auf Kleidung legte. Wir informierten zu Anbau und Produktion der Fasern, zu den verschiedenen Fasern, zur Produktion der Kleidung über Verkauf bis hin zur Entsorgung. Es gab keine Phase im „Leben einer Kleidung“, in der nicht auch von schwierigen Arbeitsverhältnissen, ungesunden Wohnverhältnissen, geringem Verdienst und wirklich viel Einsatz von Chemie z. B. bei der Baumwolle gesprochen und geschrieben wurde. Beginnend beim Anbau – Pestizide werden gesprüht, über den Transport während der Entstehung der Kleidung – Gift wird „benützt“, um das Schimmeln auf den Fahrten über das Meer zu verhindern. Und beim Verbrennen der Kleidung in Wüsten wird wieder die Luft verpestet. Wie es der Zufall will, lese dann ich im November 2024 oben genannten Artikel. Diese Informationen möchte ich Ihnen gerne zusammengefasst zukommen lassen.
Der Untertitel heißt: Unternehmen in Deutschland produzieren gefährliche Chemikalien für die Modeindustrie – und exportieren sie ganz legal. Doch die Giftstoffe kommen in der Kleidung illegal zu uns zurück. Originaltexte werden im Folgenden kursiv dargestellt.
Der Giftstoff, um den es im Artikel geht, heißt Nonylphenol und kommt angelagert als Nonylphenolethoxylaten in Kleidung hier in Deutschland an. Er steht auf der Liste der gefährlichsten Chemikalien der Welt, die Europäische Chemikalienagentur nennt ihn „besonders besorgniserregend“. Er kann das Hormonsystem schädigen und beeinflussen, wie Tiere heranwachsen, wann Menschen in die Pubertät kommen und wie fruchtbar wir sind. Weil er Spermien bewegungsunfähig macht, steckt er auch in Kondomen.
Bei der Herstellung von Kleidung sorgt der Stoff dafür, dass sich zwei nicht mischbare Flüssigkeiten wie Öl und Wasser miteinander vermengen. Durch ihn dringen beispielsweise Waschmittel tiefer und Farben gleichmäßiger in die Fasern ein. In der Textilindustrie gilt er als billiger Alleskönner. Dieser „Alleskönner“ wird auch Reinigungsmitteln oder Lederprodukten beigefügt. Seit 2003 darf in der EU der Alleskönner nur in der Konzentration von 0,1 Prozent im Produkt vorhanden sein. Tatsache ist: Das funktioniert nicht! Tatsache ist auch: Gifte wie Nonylphenol oder Octylphenol werden in Deutschland hergestellt und gehen hinaus in die Welt. Verbote und Grenzwerte gelten nur für den Vertrieb innerhalb der EU, die Herstellung und der Export sind legal. So gelangt das Gift von Deutschland in die Herkunftsländer unserer Kleidung. Ein Boomerang. Mit im Spiel ist die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, kurz BAuA, speziell der Fachbereich 5, Bundesstelle für Chemikalien. Dort müssen deutsche Unternehmen den Export anmelden und genehmigen lassen, dort wird gewissenhaft dokumentiert, wer wie viel Gift exportiert. Das geschieht alles elektronisch. Allein im Jahr 2023 planten in Deutschland tätige Chemiefirmen über 1070 Tonnen des genannten Giftes in 21 Länder zu exportieren...Welche Unternehmen dabei welche Mengen tatsächlich ins Ausland verkauft haben, bleibt weiterhin geheim, doch offenbart sich die bisher wohlgehütete Information, welche Unternehmen überhaupt hinter den Exportdaten stehen. 22 Chemiekonzerne stellen demnach Nonylphenol und seine Ethoxylate hierzulande her und verschiffen sie rund um den Planeten. Zu den größten Exporteuren zählt die Tochterfirma eines US-Konzerns, Dow Deutschland. Und zu den Ländern, in die viel verkauft werden sollte, gehört neben Indien, China oder Argentinien auch eine deutlich näher gelegene Nation mit großer Textilindustrie, die Türkei. Dort kann man erleben, was passiert, nachdem die Giftstoffe in ihrem Bestimmungsland ankommen. Anschließend beschreibt der Bericht, wie dort die Auswirkungen der Chemieprodukte verheerende Folgen für die Umwelt haben. Auch wird beschrieben, wie die Menschen dort in diesem giftigen Umfeld arbeiten – mit Flipflops, T-Shirt und Short. Die Kennzeichnung der Chemikalien lautet „ätzend, gesundheitsschädlich und umweltschädlich“ – und die Ableitungen der Laugen und Spülwässer in den Fluss zeigen erschreckende Wahrheiten.
Der Artikel beschreibt weiter, dass Nonylphenol weltweit nachweisbar ist. Zum Beispiel in Südafrika, wohin Deutschland das Gift ebenfalls schicke, wurde 2019 dokumentiert, dass die Chemikalie die Ernteerträge von Weizen, Salat und anderem Gemüse verringert. Und eine Studie aus dem Jahr 2022 belegt, dass Nonylphenol in Indonesien, Saudi-Arabien und Thailand im Urin von Kindern gefunden wurde. Auch diese Studie führt wieder zurück nach Deutschland, wo es noch 2021 im Urin von Erwachsenen nachgewiesen wurde. Ernüchterung und Frustration sind das Fazit eines mit der Materie vertrauten Beamten nach knapp 30 Jahren Chemiekalienkontrolle. Er zweifelt daran, dass dieses Kontrollsystem namens PIC auch nur im Geringsten dazu beitragen könne, Menschen oder Umwelt zu schützen.“… Das Einzige, was wirklich gegen die Ausbreitung gefährlicher Chemikalien helfen kann, sind Exportverbote“, sagte Manuel Fernandez, Referent für Chemikalienpolitik beim Umweltverband BUND. Einmal in der Umwelt, erklärt Fernandez, bleibe Nonylphenol lange Zeit dort, reichere sich an, sei kaum noch zu entfernen. Dass sich die Bundesrepublik in Sicherheit wähnt, weil sie den Stoff einmal als gefährlich eingestuft hat, ist skurril.
Mich hat der Artikel sehr erschreckt. Wie viele Menschen kaufen sich ein neues Kleidungsstück und waschen es kein einziges Mal, bevor sie es das erste Mal anziehen. Wie viel Gift wird mit all der Kleidung aus Asien und der Türkei in unsere Abwässer geschwemmt, als Klärschlamm auf den Feldern ausgebracht, wie viel Gift muten wir der hiesigen Natur zu? Und das ist ja nur eine „Umweltbelastungszumutung“ durch uns Menschen.
Was können wir tun – muss hier gefragt werden! Bewusst einkaufen und dabei auf Qualität achten, weil dieses Kleidungsstück länger hält. Keine Modetrends mitgehen, den eigenen Stil finden! Secondhand ist eine sehr gute Alternative, weil das Kleidungsstück eine zweite Chance erhält, damit länger getragen wird, alle Giftstoffe sind inzwischen ausgewaschen – hoffentlich! Der Anspruch an die Verbraucherin, den Verbraucher kommt natürlich auch – fragen Sie im Laden nach, woher das Kleidungsstück kommt, womit es „behandelt“ wurde… je mehr wir nachfragen, um so transparenter wird hoffentlich die Lieferkette. Achten Sie auf Labels und informieren Sie sich zu Labels, Lieferketten. Mensch muss nicht ständig Neues haben. „Brauche ich das wirklich“ - ist immer eine gute Frage an sich selbst.

