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SPRUCH des Monats März

|   Besinnung

Ertragt eine die andere in Liebe.

(Eph. 4,2)

Am 1. März feiern die Christinnen ihren Weltgebetstag. Für mich ist der Weltgebetstag der Frauen eine geniale Erfindung und ein Glücksfall für die Ökumene. Wir reisen nicht umweltbelastend um die Welt, um Gemeinschaft miteinander zu haben und uns in unserem Glauben zu inspirieren und auszutauschen. Wir schicken einen Gottesdienst auf die Reise. Für jedes Jahr wird der von einem ökumenischen Frauenteam gestaltet, jedes Jahr in einem anderen Land. Dann wird die Liturgie in alle Welt verschickt. Vor Ort informieren wir uns über das Land und die Situation, in der die Frauen dort leben, erfahren von ihren Sorgen und Nöten, ihren Stärken und ihren Hoffnungen. Und gemeinsam mit ihnen bringen wir dann an jedem 1. Freitag im März ihre Gebete, Klagen und Bitten vor Gott.

Über 30 Jahre habe ich in meiner aktiven Dienstzeit für den Weltgebetstag gebrannt! Habe mich dafür eingesetzt, die Frauen in den Gemeinden zu qualifizieren und ihnen Anregungen zu geben, ihre Gottesdienste selbst zu gestalten, kreativ, phantasievoll, in ihrer eigenen Spiritualität. Aber an einem Punkt war ich immer strikt und zu keinem Kompromiss bereit: Wir haben die Vorlagen der Verfasserinnen nie verändert! Aus Respekt vor unseren Glaubensschwestern und aus Solidarität mit ihnen, was nicht immer leicht war.

Auch nicht vor zwanzig Jahren, 1994, als die Liturgie auch von Palästinenserinnen verfasst war und dort die Steine der Intifada flogen. Auch damals gab es heiße Diskussionen und von evangelikaler Seite einen eigenen alternativen Text. Wir haben auf dem Original bestanden, damit die Stimme der palästinensischen Frauen gehört werden konnte. Wie wichtig ihnen das war, übermittelte uns damals unsere sehr junge Referentin Viola Raheb aus Bethlehem. Sie sagte: Wir Frauen sind im Heiligen Land dreifach diskriminiert: Wir sind Palästinenserinnen, wir sind Christinnen, und wir sind Frauen!

Als ich die diesjährige Liturgie der Palästinenserinnen in die Hände bekam, freute ich mich über das farbenfrohe Titelbild mit den drei Frauen unter dem Olivenbaum und den Titel „durch das Band des Friedens“. Der Text ließ mich ahnen, dass die Auseinandersetzung mit ihm und seine Aneignung hier bei uns auch in diesem Jahr wieder heftig werden würde. Dass aber der Terroranschlag der Hamas am 7. Oktober und alles, was dann folgte, unser Komitee bewogen hat, das Original zurückzuziehen und gegen eine kommentierte Neuauflage in Grau zu ersetzen, enttäuscht mich zutiefst!

Ja, es geht um diesen leidvollen Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern, die keinen Weg finden, in Frieden miteinander zu leben. Und ja, wir haben hier in Deutschland in besonderer Weise achtsam zu sein gegenüber Judenfeindlichkeit und Antisemitismus und für das Existenzrecht Israels einzutreten. Aber haben unsere christlichen Schwestern in Palästina nicht das Recht, vor Gott von ihrer Lebenssituation so zu sprechen, wie  s i e  sie erleben? Und sind wir Frauen hier in unseren Gemeinden nicht selbst in der Lage, uns mit dem Text der Liturgie kritisch auseinanderzusetzen und dann auch selbst zu entscheiden, was wir mitbeten können und was nicht und ob uns weitere Fürbitten fehlen? Haben wir das nicht immer so gemacht, ganz selbständig und verantwortungsvoll ohne Bevormundung?

Ich möchte unserem National-Komitee zugutehalten, dass es ihm darum ging, den Kritikern den Wind aus den Segeln zu nehmen und ihnen keinen Anlass zu geben, den Weltgebetstag in diesem Jahr gar nicht zu feiern. Ich dachte, wir Frauen hier wären schon weiter, mündiger, mutiger, solidarischer. Auch, wenn wir mal im Gegenwind stehen. Welche Stürme gehen gerade über die hinweg, die uns einladen, mit ihnen zu beten!!

„Der Frieden ist das Band, das euch alle zusammenhält“, schreibt Paulus an die Epheser. Nichts ist so brüchig und muss immer wieder neu erkämpft werden, wie der Friede unter uns Menschen. Immer wieder flammt unter uns Hass auf, werden Menschen, ganze Völker bedroht, tritt Feindschaft zwischen uns. Was unverbrüchlich ist, ist der Friede, den Gott mit uns in Jesus Christus geschlossen hat und der uns zu Friedenspflicht ruft. Er ist die Kraft, in der wir zum Frieden kommen können über alle Gräben hinweg. Um diese Kraft bitten wir, auf diesen Frieden hoffen alle, die mit uns Frauen am 1. März Gottesdienst feiern.

Ulrike Börsch, PFrin i.R.

 

 

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Quelle: WGT